Der Pfeifengeruch wird fehlen

„Frank. Der Peter ist heute Morgen verstorben. Wir müssen uns was einfallen lassen, wie wir das Ganze nach außen kommunizieren – und zwar so, dass es dem Peter gerecht wird!“. Puuuhh. Was für ein krasser Anruf am Montagmittag, den 19. Oktober 2020 um kurz nach 16 Uhr, den ich von Marco Cappello, einem der beiden Thalmann-Geschäftsführer erhalten habe. Eigentlich steckte ich grad hochkonzentriert mitten in einem neuen Projekt. Das war jetzt erst mal schlagartig vorbei und völlig unwichtig geworden.

Schnell wurde ich mir über die Tragweite dieser verantwortungs- und vertrauensvollen Aufgabe bewusst, in die ich miteinbezogen wurde. Denn ich wusste genau, dass das für uns alle kein leichtes und ein emotionales Unterfangen geben wird ­–  zumal auch für mich (seit rund 10 Jahren darf ich nun für die Firma Thalmann rund um das Thema Marketing tätig sein) der Peter Thalmann ein ganz besonderer Mensch war, den ich von Anfang an und sofort ins Herz geschlossen habe.

Warum das so war und man quasi gar nicht anders konnte, als diesen Peter Thalmann zu schätzen und zu mögen, das soll dieser etwas spezielle Rückblick vermitteln. Aber wie? Am besten mit einer kleinen Auswahl an amüsanten und außergewöhnlichen Anekdoten, die uns von einigen seiner Wegbegleiter zugetragen wurden.

ANEKDOTEN:

Selten ohne Pfeife
Die Pfeife im Mundwinkel kann man sicher als sein Markenzeichen betrachten. Ob sie nun brannte oder nicht – äußerst selten hat man ihn ohne seine heißgeliebte Pfeife gesehen.

Mit der Hand am Arm
Sein handwerkliches Geschick begleitete ihn durch sein ganzes Leben. Er war sich nie zu schade, die Ärmel hochzukrempeln und selbst mit anzupacken. Wenn ein Kunde mit einer Anlage ein Problem hatte, kroch er kurzerhand – auch in den guten Klamotten – eben mal schnell unter die Maschine, um das Problem zu beheben. Seine pragmatische Machermentalität und sein unschlagbares Technikverständnis, wurden von den Kunden sehr geschätzt.

Chef mit Vorbildcharakter
Eine Arbeitswoche betrug für ihn 6 Tage und die Arbeitstage waren meist sehr lange. In der Regel war Peter Thalmann am Morgen der Erste und am Abend der Letzte bei der Arbeit. Nicht dass er unbedingt musste, aber seine Arbeit machte ihm einfach Spaß und er tat alles dafür, seinen Mitarbeitern einen guten und sicheren Arbeitsplatz bieten zu können. Und wenn es zu schneien begann, dann setzte er sich morgens um 5 Uhr auf den Schneeräumer und sorgte dafür, dass die Belegschaft zu Arbeitsbeginn schneegeräumte Parkplätze und Zugänge vorgefunden hat.

Australienreise ohne Englischkenntnisse
Seine erste Australienreise trat Peter Thalmann im Zusammenhang mit der Auslieferung zweier Maschinen nach Australien und Neuseeland an. Ein während des Transports entstandener Defekt an einer der beiden Steuerungen, bedingte die komplette Umstellung des geplanten Reiseprogramms. Die Umbuchungen der Flüge und Hotels waren zu Zeiten ohne Handy, Internet und E-Mail noch sehr abenteuerlich – zumal Peter Thalmann seine erste Australienreise ohne ein Wort Englisch sprechen zu können angetreten ist.

Filmreifer Einsatz der Zollbehörden
Nach einer kurzen Verfolgungsfahrt wurde ein Thalmann-Mitarbeiter von der Zollbehörde gestoppt, des Warenschmuggels beschuldigt und mit einer sehr hohen Geldbuße bestraft. Peter Thalmann übernahm die volle Verantwortung dafür. Zusammen mit dem Mitarbeiter kämpfte er gegen die Buße an und erhielt nach langem Hin und Her und einem Gerichtstermin Recht – für Peter Thalmann war es selbstverständlich, sich in solch einer Situation erstmal schützend vor die Mitarbeiter zu stellen.

Bescheidener Saab-Fahrer
Sein legendärer SAAB hatte bereits über 17 Jahre auf dem Buckel. Seit vielen Jahren offerierte ihm die Firma einen neuen „Dienstwagen“. Das kam für Peter Thalmann aber nicht in Frage: „Mein Auto fährt und funktioniert noch tadellos“, lautete stets seine Antwort.

Stiller Wohltäter
Peter Thalmann war das Wohlergehen der Menschen immer sehr wichtig. Als Privatperson unterstützte er verschiedene gemeinnützige Hilfsorganisationen und engagierte sich in diversen Vereinen in der Vorstandsarbeit oder als Helfer: „Wenn jemand Hilfe braucht oder Gutes tut, dann soll das auch unterstützt werden“. Dieser Haltung blieb er sein ganzes Leben treu – ganz im Stillen, ohne großartig darüber zu reden.

Passionierter Dauercamper
Auf dem Campingplatz in Wagenhausen am Rhein, eine kleine Stadt nahe seinem Heimatort Frauenfeld, hat er zusammen mit seiner Frau seit über 20 Jahren jede freie Minute verbracht und die Zeit dort in vollen Zügen genossen. An diesem Ort verweilen zu dürfen, war für ihn ein großes Glück und sein persönliches Luxusverständnis.

WEGBEGLEITER:

„Mein Vater war und bleibt für mich mein größtes Vorbild! Er lebte vor, dass man immer sein Bestes geben und dabei den Menschen nie außer Acht lassen soll. Ein fairer Chef, kluger Geschäftsmann, hilfsbereiter Freund und in allen Belangen unterstützender und liebevoller Vater – einfach ein großartiger Mensch!“ Martin Thalmann, Geschäftsführer Thalmann Maschinenbau AG

„Für mich persönlich war Peter vieles: vorbildlicher Unternehmer, genialer Maschinenbauer, gute Seele und väterlicher Freund. Von Anfang an hat er mir sein vollstes Vertrauen geschenkt und mich machen lassen. Danke Peter für all das, was Du sowohl für mich als auch für die gesamte Thalmann Maschinenbau AG getan hast.“ Marco Cappello, Geschäftsführer Thalmann Maschinenbau AG

„Ich könnte jetzt unzählige Geschichten erzählen, die während unserer jahrzehntelangen Partnerschaft passiert sind. Vielleicht so viel: Egal wie die Lage war – wir hatten immer ein äußerst vertrauensvolles, ja fast familiäres Verhältnis. Bei allem Geschäftssinn, stand für Peter immer der Mensch im Mittelpunkt. Und der Spaß durfte auch nie zu kurz kommen. Nur wenn es gegen 12 Uhr Richtung Mittagessen ging, war Schluss mit lustig. Da konnte kommen was will.“ René Engelhardt, Thalmann-Vertrieb Deutschland

„Mit Peter und der Firma Thalmann verbindet mich im Prinzip mein ganzes Leben. Von 1969-1973 bin ich bei Otto Thalmann in die Lehre gegangen und habe bis zu meinem Ruhestand im Jahre 2016 durchgehend bei Thalmann gearbeitet. Otto war eher der Erfinder und Tüftler. Peters’ große Stärke lag vor allem im Finden von Problemlösungen. Den konnte so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Das war faszinierend. Und immer schön die Pfeife im Mundwinkel, obwohl sie oft gar nicht brannte.“ Alfred Etter, pensionierter Thalmann-Mitarbeiter

WERDEGANG:

Peter Thalmann (Jahrgang 1943) hat bei seinem Vater und Firmengründer Otto Thalmann im Oktober 1963 erfolgreich seine Lehre als Bau- und Konstruktionsschlosser abgeschlossen. Nach kurzen Wanderjahren ist er zur Thalmann Maschinenbau AG nach Frauenfeld zurückgekehrt. Er war maßgeblich an zahlreichen Erfindungen, Entwicklungen, Patentierungen, Markteinführungen und internationalen Expansionen beteiligt – gekrönt mit dem Bayrischen Staatspreis (Goldmedaille) für hervorragende Leistungen im Jahre 1987. Im Alter von 72 Jahren trat er im Jahre 2016 in den wohlverdienten Ruhestand.

Nach seiner Pensionierung blieb er dem Unternehmen als „wandelndes Lexikon“ erhalten und gab bei Bedarf gerne seine Erfahrung an die neue Geschäftsleitung weiter. Mit Freude und Stolz beobachtete er die Weiterentwicklung der Maschinen und des Unternehmens – und er ließ es sich nicht nehmen, bei seinen Rundgängen durch den Betrieb sich nach dem Wohlergehen der Mitarbeiter zu erkunden und mit dem einen oder anderen ein kurzes Gespräch zu führen.

Das Familienunternehmen Thalmann Maschinenbau AG war ihm immer sehr wichtig: „Wir arbeiten nicht um reich zu werden. Es geht darum, den Mitarbeitern eine gute Arbeitsstelle zu bieten, zu der sie jeden Tag gerne kommen und die Versorgung ihrer Familien sicherstellt. Mit vereinten Kräften bieten wir einen Top-Service und bauen für unsere Kunden hervorragende Maschinen“.